Text von Pascal Heß, Kunsthistoriker, Frankfurt am Main
In dem Zeitraum von Juni 2017 bis Juli 2018 hat Uwe Nölke ein Fotografie-Projekt zum Thema „Raum“ auf Instagram betrieben. Die gesamte Fotoprojekt umfaßt 56 Arbeiten von denen hier 33 gezeigt werden, die in 3er-Sets zusammengefasst sind.
Nölke wurde eigentlich in der klassischen Fotografie – ehemals analog und nun digital – ausgebildet. Er gehört damit zu dem Kreis an Fotografen, die seit einiger Zeit beginnen, sich die Fotoplattform Instagram nutzbar zu machen und gleichzeitig mit den dort vorhandenen Limitierungen zu arbeiten. Der Grundidee von Instagram folgend sind die Aufnahmen allesamt mit dem Smartphone entstanden, in diesem Fall ein iPhone, und Nölke hat die Bilder mit dem iPad bearbeitet. Die äußere Struktur für die Serie bilden also die technischen Möglichkeiten der Geräte, die zur Verfügung stehenden Bearbeitungsmöglichkeiten und die Präsentationsmöglichkeiten in der App. Ihnen folgend steht bei einer Serie nicht nur das Foto, sondern auch das Kuratieren des Gesamtprojektes im Mittelpunkt.
An äußeren Limitierungen hat Uwe Nölke das Thema „Raum“ gewählt, das sich in unterschiedlichsten Manifestationen in der Serie niederschlägt. Das beginnt mit dem Digitalraum in dem er arbeitet und auch präsentiert und setzt sich im Zeitraum von einem Jahr fort. Während die meisten Instagramprofile fortschreibende Erzählungen bilden, hat Nölke Anfang und Ende benannt und damit zukünftige Fotos zur Serie ausgeschlossen. Neben dem Zeitraum bildet die Präsentationsmöglichkeit eine Art Galerieraum aus. Der Bildraum ist qua Instagram auf das Quadrat festgelegt und die Anordnung im Profil in Dreiergruppen legt die Zerlegung in Themenräume aus je drei Aufnahmen nahe. Die Fotografien selbst wiederum zeigen keine Porträts sondern folgen dem Gesamtkonzept indem sie Architekturräume abbilden. Mit kleinen Auflagen von 20 Exemplaren je Motiv in der Größe von 30 x 30 cm stehen die Arbeiten nun auch im realen Raum zur Verfügung. Sie sind geprintet als Inkjet Fine Art Print, kaschiert mit Mattfolie auf 3 mm Aludibond und mit einem Rahmen aus weisser Erle mit 1 mm Schattenfuge gefasst.
Innerhalb dieser Strukturen hat Nölke in den Fotografien unterschiedliche Strategien verfolgt, die bisweilen Paradoxien im Erleben und Fotografieren von Raum, aber auch im Umgang mit Instagram offenlegen.
Neben dieser gestalterischen Gemeinsamkeit untersucht diese Dreiergruppe sprachlich die grundlegenden Räume einer zeitgenössischen Gesellschaft. Das Wohnhaus als Lebensraum – paradoxerweise ländlich und verlassen – wird mit einem Haus in Worpswede als Wirtschaftsraum – Scheune, Stall und Wohnhaus zugleich – verbunden. Außer wohnen und erwirtschaften zeichnet auch horten und vermehren eine marktwirtschaftliche Gesellschaft aus: Der Lagerraum ist in einem landwirtschaftlichen Gebäude markiert.
Manche der Fotografien entwickeln alleine eine eigene, fast poetische Struktur. Zweiraum als Begriff für eine Zweizimmer-Wohnung zeigt ein großes weißes Mietshaus im Hintergrund. Vor dem Haus ist zudem ein Graffiti mit zwei Glockenstühlen auf einer verputzten Wand zu sehen. Sie sind der eigentliche Zweiraum. Die sich weit öffnende Landschaft im Hintergrund des Graffitis und die fehlende Motivbegrenzung links und rechts wirken auf den ersten Blick so verwirrend, dass nicht klar ist, wie das Bild Raumfahrt räumlich in Vorder- und Hintergrund zu sortieren ist. Die zwei großen, bogenförmigen, grauen Absetzungen im Hintergrund verstärken diesen Eindruck.
Wie ein Versprechen oder eine Einladung wirkt Zweiraum stattdessen die offene Tür auf dem fast achsensymmetrischen, stillen und menschenleeren Bild Stauraum. Auch Parkraum arbeitet mit einer solchen Isolation: Auf dem Dach eines brutalistischen Gebäudes steht ein einziges Auto inmitten zahlreicher rechter Winkel und kastiger Strukturen. Hier fällt ein dramatischer, oranger Himmel auf, der im Bild keine rechte Entsprechung finden Zwischenraum will. Überhaupt sind die deutlichen Farbkontraste, überscharfen Strukturen und nach außen verschatteten Vignetten auffallend. Im Gespräch sagte Uwe Nölke: „Durch die Bearbeitungen lenke ich die Blicke und interpretiere die Wahrnehmungen des Betrachters“.